Anna Pape – die zweite Frau von Paul Pape

1912 heiratet Paul seine erste Frau

Mein Opa Paul Pape hat seine Familie eigentlich schon mit der Heirat seiner ersten Frau, Berta Charlotte Helene, geborene Manthey, am 28. März 1912 gegründet. Mit ihr hat er 1917 auch die Tochter, Irmgard Emilie Marie bekommen. Vermutlich bei dieser Geburt ist seine Frau Bertha Charlotte Helene am 27.März 1917 in der Berliner Charité gestorben. Von Bertha Charlotte Helene haben wir bedauerlicherweise noch kaum Dokumente gefunden.

Der jetzt 31-jährige Paul hatte nun ein Baby zu versorgen

Noch dauert der erste Weltkrieg an, Paul war schon aus dem Militärdienst entlassen und arbeitete als Postbote in Berlin Wilmersdorf. Wie er seine kleine Tochter in der schwierigen Lage versorgte, ist nicht bekannt. Paul bemüht sich aber sehr schnell um eine neue Partnerschaft: Er lernt Anna Pauline Hille kennen.

Die wohnt ganz in der Nähe am Brabanter Platz in Berlin Wilmersdorf. Sie ist dort “in Stellung”, wie man damals sagte, beim “Postdirektor Zitzlaff”. Die Adresse: Brabanter Platz 1. I. Die letzte römische I bedeutet erster Stock, natürlich im Vorderhaus, also in der “Belletage”. Die Belletage hatte meist höhere Räume, Stuck an den Decken und einen Erker oder Balkon sichtbar zur Straße. Diese Anschrift verrät uns diese Postkarte von ihrem Cousin, der zu der Zeit als Soldat im 1. Weltkrieg eingesetzt war:

Diese Feldpostkarte; vermutlich aus einem Lazarett in Bruchmühlbach in der Nähe von Ramstein (der heutigen amerikanischen Luftwaffenbasis) von ihrem Cousin, ist nicht das älteste Dokument von meiner damals 22-jährigen Oma. Glücklicherweise sind auch einige andere Postkarten an Fraulein Anna Hille erhalten geblieben. Zum Beispiel gratulierte ihr ihre Schwester am 20.12.1912 zum 20. Geburtstag mit einem Fotografenbild von sich. Diese Postkarte ist in Hirschberg in Schlesien abgestempelt und geht an:

Frl. Anna Hille
per. Adr. Herrn Tscheppe
Naumburg a/Bober
Krs. Sagan

Liebe Schwester! Ich gratuliere dir herzlich zum Geburtstage u. sende dir ein Bild von mir. Ich wundere mich sehr das du gar nichts von dir hören läßt, bist du krank? Wie geht es Herrn Tscheppe, ist er wieder munter?Ich bin so unruhig, daß du mir garnicht schreibst. Ich sende dir deshalb die Karte im voraus. Laß bald was hören von dir. Grüße Herrn u. Frau Tsch. aus Laubes (u. fünfen u ?). Sei du vielmals gegrüßt von dem Onkel.
Schwester Marie
 

Annas Schwester Marie auf der Postkarte von 1912 zu Annas Geburtstag
Annas Schwester hatte eine schöne saubere Handschrift

Die 20-jährige Anna war vermutlich auch bei Herrn Tscheppe „in Stellung““, bevor sie aus irgendeinem Grund nach Berlin ging. Die Firma “Tscheppe, Färberei und Restauration” ist auf einer späteren Postkarte abgebildet, die an Anna über die Adresse der “Frau Postinspektor Zitzlaff” ging, leider ohne Datum. (Die Frau war ganz bestimmt nicht “Postinspektor”, aber der Titel des Mannes ging wohl auch auf seine Frau über.)

Vorderseite einer Postkarte an Fräulein Anna Hille am Brabanter Platz in Berlin, leider ohne Absender und erkennbares Datum.

Paul heiratet Anna Pauline 1917

Ob der Postdirektor Zitzlaff den Wilmersdorfer Postboten Paul und das Hausmädchen Anna Pauline zusammen gebracht hat, ist nicht bekannt. Paul und Anna Pauline heirateten jedenfalls schon am 11.8.1917 in Berlin. In nicht einmal 5 Monaten hat Paul also eine neue Mutter für seine kleine Tochter gefunden und zur Heirat überzeugt. Offenbar wohnte Anna schon bei ihm, als sie heirateten, denn in der Heiratsurkunde steht bei ihr schon sein Wohnort Augustastr. 15, was die Betreuung der kleinen Irmgard Emilie Marie sicher auch vor der Hochzeit erleichterte. (Die Augustastraße wurde später in Blissestraße umbenannt.)

Kurt wird geboren, Irmgard Emilie Marie verstirbt

Irmgard Emilie Marie ist leider nicht alt geworden. Mit nur 2 Jahren ist sie am 3. November 1919 im Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Berlin Schöneberg verstorben. Paul und Anne hatten da aber schon ihren ersten Sohn Kurt. Der wurde am13.1.1919 in Berlin geboren.

Am 23.12.1919 hat Pauls Bruder Max eine Postkarte mit frohen Weihnachtswünschen gesandt. Die beginnt er mit “Liebe Mutter, Paul, Anna und Kurt!”. Die Karte geht an Familie Pape in der Wilhelmsaue 133, Gartenhaus I.

Anna und Paul sind also umgezogen in die Wilhelmsaue in Berlin Wilmersdorf. Möglicherweise, weil Paul seine 62-jährige Mutter Marie Pape aufgenommen hat. Sein Vater Anton Pape ist ja 1917 schon verstorben.

Text: Liebe Mutter, Paul Anna und Kurt! Wir wünschen Euch allen ein frohes Weihnachtsfest und ein gesundes glückliches Neues Jahr.
Mit vielen herzlichen Grüßen Max, Trudchen und Hildi.
Vorderhaus Wilhelmsaue 133 im Jahr 2025. Das war wohl auch damals eine ruhige Wohngegend.

Anna bekommt ihren zweiten Sohn, Werner

5 Jahre nach der Geburt ihres Sohnes Kurt bringt Anna den zweiten Sohn zur Welt. Mein Vater Werner wird am 12.9.1924 in Berlin geboren.

1924, das war das Jahr nach der “Hyperinflation”, die 1923 herrschte. Ein Kilo Brot kostete im Juni schon 500 Mark, im Juli 2000, und im Oktober 14 Millionen Mark. Wir können uns heute kaum vorstellen, was das für die Menschen bedeutete. Die Währungsreform im November 1923 beendete die Inflation und die Wirtschaftskrise. Das Ende dieser kritischen Zeit machte offenbar Paul und Anna Mut, sich ein weiteres Kind zuzutrauen.

Fehlende Informationen über die Zeit danach

Erst von 1953 gibt es das nächste Dokument aus dem noch vorhandenen Nachlaß. Eine Aufrechnungsbescheinigung der Invalidenversicherung. Daraus geht hervor, dass meine Oma als Blumenbinderin bei der Fa. Rehländer gearbeitet hat. Das habe ich noch in Erinnerung. Das Blumengeschäft von Frau Rehländer war in der Blissestraße, etwa zwei Häuser vor der Blissestraße 72, wo sie mit meinem Opa Paul wohnte.

In der Blissestraße 72 haben sie im Gartenhaus gewohnt. In meiner Erinnerung hatte das Treppenhaus immer einen spezifischen Geruch, der gar nicht unangenhm war. Es roch immer irgendwie nach gekochtem Essen. Aber es war die Mischung aus allen Wohnungen dieses Hauses. Und das waren in meiner Erinnerung 4 Etagen mit je drei Wohnungen im Gartenhaus. Gartenhaus ist übrigens nur der vornehmere Name für ein Hinterhaus, das nur durchs Vorderhaus über den Hof erreichbar ist.

Noch schlichter als dieser war der Eisschrank meiner Oma. Bild: CC BY-NC-SA @ Museum im Steintor

Sie wohnten dort im zweiten oder dritten Stock in einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung: Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche und Bad. In der Küche stand bis zum Schluß ein richtiger „Eisschrank“. Das war ein kleiner Tisch mit einer eingelassenen rechteckigen Zinkwanne, in die tatsächlich ein Eisblock gelegt wurde. Im Schränckchen darunter wurde die Butter und wenige andere verderbliche Lebensmittel gelagert. Der Eismann kam wöchentlich und sägte an seinem Auto von dem meterlangen Eisblock ein passendes Stück ab. Das lieferte er auf der Schulter tragend oben direkt in den Eisschrank.

Für uns Kinder war damals Omis Butter etwas Besonderes. Bei uns zu Hause gab es Margarine, aber Omi hatte immer Butter im Eisschrank.

Ich kann mich erinnern, dass wir Kinder gern in den Garten von Omi – so nannten wir Oma Anna – gingen. Ihr Garten lag direkt an der Ecke Spessartstraße / Burgunder Straße. Heute stehen dort Wohnhäuser. In Omis großen Garten gab es eine Laube, einen Schuppen, mehrere Obstbäume und viele Beerensträucher. Der ganze Garten war umzäunt von dichten alten Hecken, durch die man von der Straße nicht in den Garten sehen konnte. Wir waren oft dort.

Aus diesem Garten gibt es noch ein paar Bilder:

Omi Anna, Opa Paul, meine Mutter Katharina und vermutlich ich
Omi Anna, meine Mutter Katharina und vermutlich ich im Garten
Omi Anna und ich im ihrem Garten

Wie man auf den Bildern bei genauem Hinsehen erkennen kann, trug meine Oma ein Haarnetz. Ich habe sie nie ohne gesehen. Das fanden damals viele Frauen ganz üblich.

Anna musste nochmal umziehen

Nach dem Tod von meinem Opa Paul 1965 ist meine Oma nochmal umgezogen. Das hatte mit dem Bau der Stadtautobahn zu tun. Die erforderte damals den Abriss ihres Altbaus Blissestraße 72, um Platz für die heute vielen durchrauschenden Autos zu machen. Anna zog in einen „Neubau“ in die Landhausstraße. Hier die Anmeldebestätigung (die Schrift sieht sehr nach der meines Vaters Werner Pape aus):

Anna wurde 83 Jahre alt

Ihr Leben endete am 18.6.1976 in Berlin Wilmersdorf. Das sind 83 nach ihrer Geburt am 22.12.1892 in Naumburg am Bober.

Anna Pape

Weitere Entdeckungen werden hoffentlich folgen

Wir forschen weiter nach Unterlagen oder Bildern, die etwas über Annas und Pauls Leben erzählen können. Dieser Beitrag wird also hoffentlich wachsen.

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