Der größte Automat der Welt – so nannte man damals die Fernsprech-Vermittlungstechnik. Tatsächlich war das ein riesiges vernetztes System mit unglaublich vielen Vermittlungsknoten weltweit. Die konnte man durch das Wählen von internationalen und nationalen Vorwahlen direkt ansteuern. Wählen bedeutete Impulse senden, immer soviele, wie die gewählte Ziffer – Rechteckimpulse mit einer Frequenz von 10 Hz. Die Impulse wurden durch das Aufziehen einer Wählscheibe gesendet, die beim Ablaufen mit einer Fliehkraft-Bremse für die richtige Impulsfrequenz sorgte. Die Null brauchte genau 1 Sekunde für 10 Impulse.
Diese Impulse wurden von Relais in der Vermittlungs-Zentrale aufgenommen, und an sog. Wähler weitergeleitet, die schrittweise vorrücken, entsprechend der gewählten Ziffer. Mit der nächsten Ziffer wird die nächste Ebene oder der nächste Wähler angsteuert – bis man den Zielanschluss erreicht hat. Klingt ganz einfach, ist aber technisch gar nicht trivial. Zum Einen müssen sich viele Anschluss-Teilnehmer eine geringe Zahl von Vermittlungswegen teilen, und zum Anderen braucht es unendlich viele mechanische Kontaktstellen, die störungsfrei überwunden werden müssen, damit die Verständigung klappt.
Relais, Wähler, Verteiler – alle Bauteile mussten von Hand mit Drähten verbunden werden. Ein schier unüberwindliches Gewirr von Verbindungsleitungen war bei der Montage solcher Vermittlungseinrichtungen über korrekte Lötstellen zu verbinden. Und das alles nach Plan, damit eine Störungssuche später überhaupt möglich wird. Manuelle Kiepenarbeit mit hoher Konzentration über Monate hinweg, war der Aufbau von Fernsprech-Vermittlungen damals. Ich habe bei Aufbau und Erweiterung privater Fernprech-Vermittlungen mitgearbeitet, in Krankenhäusern, in kleinen und großen Unternehmen, in Verwaltungen. Diese Vermittlungen sind aber im Grundsatz immer genauso aufgebaut, wie die öffentlichen von der damaligen Post.
Relais und Wähler haben magnetische Antriebe. Elektromagnete sorgen für das Anziehen des Relais-Ankers oder für den Dreh- oder Heb-Impuls bei Wählern. Bei den Relais gab es ausgeklügelte Optimierungen über verschiedene Wicklungen auf dem gleichen Kern, die so geschaltet werden konnten, dass sie sich gegenseitig aufheben oder unterstützen. Das Wissen um solche elektromagnetischen Wirkungen war damals Grundwissen für uns Fernmeldemonteure. Genauso, wie auch das Verschalten von Relais zu Zählketten, Selbsthaltung oder Funktions-Überwachung.
Um meine Erinnerung an solche Anlagen zu aufzufrischen, habe ich im Fernmeldemuseum Aachen ein paar Bilder gemacht: Hier gehts zum noch funktionsfähigen Fernmeldeamt.
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