Paul Pape – Sein Leben nach der Militärzeit

Meinen Opa, Paul Pape als jungen Mann habe ich ja schon beschrieben. Er musste gleich nach der Schule mit 13 arbeiten gehen. Laufbursche, Hausdiener, Kutscher waren seine meist kurzfristigen Tätigkeiten im stark wachsenden Berlin zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Mit 20 Jahren hat man ihn für 2 Jahre bis 1908 zum Militär eingezogen. Danach ist es ihm gelungen, beginnend als “Postbotenanwärter” einen langfristigen Job bei der Reichspost zu bekommen.

Paul heiratet mit 26 Jahren

Paul war 26 als er die 28 jährige Bertha heiratete. Bertha Manthey wohnte in der Rodenbergstr. 3 in Berlin Pankow bei ihren Eltern. In der Gegend hat Paul ja auch vor kuzem noch bei seinen Eltern gewohnt. Vermutlich kannte er Berta schon eine Weile. Ihr Vater August wurde in amtlichen Dokumenten zu der Zeit einmal als “Restaurateur” und einmal als “Schankwirt” bezeichnet. Vielleicht war er ja auch beides. Für seine Frau Emilie Albertine wurde kein Beruf angegeben.

Für Berthas Familie fing das Jahr 1912 schon betrüblich an: Ihr Bruder Emil Georg Bernhard Manthey starb im Januar mit nur 26 Jahren. Er war “Kalkulator” von Beruf.  

Bild: KhPape CC BY: Berthas Wohnhaus in der Rodenbergstr. 3 in Berlin Pankow im Jahr 2025

Bertha und Paul haben am 28. März 1912 in Berlin geheiratet. Paul wohnte laut Heiratsurkunde in der Sigmaringer Str. 30. Aber auf Rechnungen für Möbel und Inventar wurde wenige Tage vorher noch die Lieferadresse Pfalzburger Str. 33 angegeben. Die liegt zwar ganz in der Nähe, aber vermutlich haben die beiden erst ab der Hochzeit eine neue Wohnung in der Sigmaringer Str. beziogen. Beide Häuser stehen noch in der guten Wohngegend, die Wilmersdorf sicher 1912 auch schon war.

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Zehn Tage vor der Hochzeit hat Bertha bei Möbel-Schmidt einen Großeinkauf für 509 Mark für die gemeinsame Wohnung gemacht. Ich vermute, der Betrag war gar nicht so einfach aufzutreiben für die beiden. Offensichtlich hat Bertha den Möbelkauf allein übernommen, sonst wäre ganz sicher wohl Pauls Name auf der Rechnung. Nur als Lieferadresse wird Paul Pape in der Pfalzburger Straße angegeben.

Bertha hat hier einen Nußbaum-Schrank mit Hutablage für 70 Mark gekauft, ein „Vertikow“ für 70 Mark, 4 Stühle, 2 Betttstellen, 1 Sofa, 1 Buffet, uund einiges mehr:

Zwei Tage vor der Hochzeit, am 26. März 1912 kauft Paul noch Inventar für die gemeinsame Wohnung ein. Diesmal ganz in der Nähe bei Otto Sandow in der Uhlandstraße. Vom Plättbrett über Pfannen, Glas- und Kuchenteller bis zur Wäscheleine hat Paul hier für 27,47 Mark das Nötigste für die gemeinsame Wohnung beschafft.

1914 beginnt der Krieg

Leider beginnt 1914 der erste Weltkrieg, und der jung verheiratete Paul musste wieder zum Militär. Das belegt eine Postkarte, die er von seinem älteren Bruder Max – auch als Soldat – bekommen hat. Die Feldpostkarte vom 23.12.1914 – also einen Tag vor Weihnachten – ist adressiert an Paul Pape im “Lazarett Station 1 Zimmer 17“ in Jena an der Saale. Offensichtlich wurde Paul verwundet und lag deshalb hier.

Auch die nächste Feldpostkarte an Paul Pape vom 13.9.1915 geht an Paul Pape im Lazarett in Königsberg. Schon wieder scheint er verwundet.

Am 23.1.1916 scheint er wieder im normalen Militärdienst in Königsberg zu sein. Sein Bruder Max schreibt ihm auf dieser Feldpostkarte.

Die Feldpostkarte vom 29.6.1916 geht aber an eine Heimatadresse, diesmal an Paul Pape Berlin Wilmersdorf, Augustastr. 15, Ghs I. l.
Übrigens ist Gartenhaus die nettere Bezeichnung für Hinterhaus im damaligen Berlin. Und wenn es ein Gartenhaus I gab, dann sicher auch ein „Hinterhaus“ II. Die zweite I deutet auf den ersten Stock.

Paul scheint mit Bertha trotz Krieg umgezogen zu sein, oder auch Bertha allein, ohne ihn. Er war ja bisher als Soldat im Krieg.

1917 ein herausforderndes Jahr

Seine Frau Bertha Charlotte Helene stirbt am 27. März 1917 in der Berliner Charité. Die Vermutung liegt nahe, dass sie bei der Geburt ihrer Tochter Irmgard Emilie Marie gestorben ist. Eine Geburtsurkunde von Irmgard liegt mir nicht vor, aber der späteren Sterbeurkunde wird beschrieben, dass sie 1917 von Bertha geboren wurde.
Paul war jetzt mit seiner kleinen Tochter, dem Baby Irmgard allein. Er musste ja als Postbote arbeiten. Wie er die Betreuung seiner Tochter tagsüber geregelt hat, ist nicht bekannt.

Auf der Sterbeurkunde wird als Wohnadresse wieder die Augustastr. 15 angegeben. Die Augustastraße hat mehrere Umbenennungen erlebt und ist heute die Blissestraße in Berlin Wilmersdorf. Da die Blissestraße ein wenig bis zur Berliner Straße erweitert wurde, sind die heutigen Hausnummern sicher andere als noch zu Augustastraßen-Zeiten. In welchem Haus Bertha und Paul gewohnt haben, war bisher nicht zu ermitteln.

Dann stirbt auch noch sein Vater, der Laternenwärter Anton Pape am 3 Juni 1917 in seinem Kleingarten in der Wisbyerstrasse Ecke Stahlheimerstrasse. Er wurde 62 Jahre alt.

Irgendwie musste Paul ja möglichst schnell wieder eine Frau finden. Seine Tochter Irmgard Emilie Marie war ja erst wenige Monate alt. Sie brauchte dringend jemanden, der sich den ganzen Tag um sie kümmert. Er musste ja täglich zum Dienst bei der Post.
Schon bald hat Paul Anna kennengelernt. Sie war vermutlich als Hausmädchen beschäftigt bei Postdirektor Zitzlaff in Berlin-Wilmersdorf, Brabanter-Platz 1. I. (Die I steht für 1. Stock, die Beletage). Ob der Kontakt vom Postboten Paul über den Postdirektor zu Anna führte ist nicht bekannt. Jedenfalls wohnte Anna am Brabanter Platz ganz in der Nähe von Paul, der in der Augustastraße 15 wohnte.

Schon im August – also 4 Monate nach Berthas Tod, am 11.8.1917 heiratet Paul zum zweiten Mal, jetzt Pauline Anna Hille. (Sie wird 31 Jahre später meine Oma.) Die gemeinsame Wohnung bleibt die Augustastraße 15 in Berlin Wilmersdorf. Das vermutlich erst 4 Monate alte Baby Irmgard Emilie Marie hat jetzt wieder eine Mutter, die sich um sie kümmert.

Im kirchlichen Trauschein beginnt unten ein Bibelzitat: „Die Weiber seien untertan ihren Männern als dem Herrn. Denn der Mann ist des Weibes Haupt ….“. Dass das so in einer Heiratsurkunde erwähnt wird, ist auch ein Zeichen der damals allgemein üblichen Abwertung von Frauen.

Sein erster Schwiegervater, der Restaurateur August Manthey stirbt am 26. September 1917 in der Rodenbergstr. 3 in Berlin Pankow. Er wurde 68 Jahre alt.

Und im Oktober heiratet sein Bruder Arthur die Kontoristin Gertrud Anni Walli Krause am 6.10.1917. Arthur ist 28 und arbeitet als Dreher. Er wohnte bis dahin auch noch bei seinen Eltern in der Lychener Str. 19.

Das Jahr 1917 für Paul

Über allem steht ja 1917 der immer noch andauernde erste Weltkrieg. In dem Jahr hat Paul seine erste Frau verloren, eine Tochter bekommen, seinen Vater verloren, seine neue Frau kennengelernt und sehr schnell wieder geheiratet.
Man kann sich kaum vorstellen, was das für eine emotionale Berg- und Talfahrt für Paul gewesen sein muss – unter sicher sehr schwierigen Bedingungen. Hochachtung – da muss man ganz schön gefestigt sein, um solche Situationen zu bewältigen!

1918 Umzug in die Wilhelmsaue 133

Im Dezember 1918, also einen Monat nach dem Ende des ersten Weltkrieges, zog Paul mit Familie wieder um. Hier die Umzugsmeldung, die übrigens vom „Arbeiter- und Soldatenrat Berlin Wilmersdorf“ abgestempelt wurde:

Bild: KhPape CC BY: Pauls Wohnhaus Wilhelmsaue 133, Vorderhaus im Jahr 2025

1919 wird Kurt geboren

Gleich zu Beginn des Jahres, am 13. Januar 1919 wird Kurt geboren, der erste Sohn von Anna und Paul.

Auf einer Postkarte schreibt Max Pape, Bruder von Paul, kurz vor Weihnachten 1919: „Liebe Mutter, Paul, Anna und Kurt! Wir wünschen Euch allen ein frohes Weihnachtsfest und ein gesundes glückliches Neues Jahr.
Mit vielen herzlichen Grüßen  Max, Trudchen und Hildi“. Die Postkarte geht an die neue Adresse von Paul, die Wilhelmsaue 133, Gartenhaus I.


Da Max dort auch seine Mutter begrüßt, ist zu vermuten, dass Paul und Anna in eine größere Wohnung umgezogen sind, um Pauls Mutter dort aufzunehmen. Sein Vater Anton war ja bereits 1917 verstorben.

Nach dem Text auf der Postkarte dürften das Max Pape, seine neue Frau Gertrud und eine Tochter von Gertrud, die „Hildi“ sein. Auch Max hat seine erste Frau Johanna Berta Charlotte verloren, sie ist am 29. Januar 1918 gestorben. Gertrud Selma Anna hatte Max gerade erst am 30. August 1919 geheiratet.

1919 stirbt Pauls Tochter Irmgard Emilie Marie

Mit nur 2 Jahren ist sie am 3. November 1919 im Auguste Viktoria Krankenhaus verstorben. Paul hat damit nach der Frau auch das Kind aus seiner ersten Ehe verloren.

1920: Anstellung als Postschaffner

Nach so vielen Kurzzeit-Jobs hat es Paul geschafft eine Arbeit mit Langzeit-Perspektive zu erhalten:

Im Anhang gab es aber noch ein paar Bedingungen. Zum Beispiel wurde 1920 das jährliche Gehalt auf 1200 Mark plus 480 Mark Wohngeldzuschuß für den Briefträger Paul Pape festgesetzt:

Paul hat im Postamt Wilmersdorf als Briefträger gearbeitet. Für seinen Start dort 1920 werden im Wilmersdorf vier Postämter angegeben:
– Uhlandstr. 85
– Mainzer Str. 16
– Johannisberger Str. 18
– Brandenburgische Str. 19.
In welchem dieser Postämter er angestellt war, ist nicht bekannt.

1924 wird der zweite Sohn geboren

Am 12. September 1924 wird Werner geboren. Der inzwischen 5jährige Kurt hat nun einen Bruder, der später mein Vater wird.

1927 Postkarte an wieder neue Adresse

Am 16. August 1927 schreibt Bruder Max offenbar eine Urlaubskarte an Familie Paul Pape, diesmal an die Adresse Augustastraße 33, Gartenhaus III. Paul ist offenbar schon wieder umgezogen, wieder in die Augustastraße, diesmal aber 18 Hausnummern weiter, und ins dritte Gartenhaus.

1938 Ernennung zum Postbetriebsassistenten

Der Präsident der Reischpostdirektion Berlin schreibt an den Postbetriebsassistenten Herrn. Paul Pape:
„Auf Grund der anliegenden Ernennungsurkunde und des anliegenden Einweisungserlasses übertrage ich Ihnen die Stelle eines Postbetriebsassistenten bei dem Postamt. in Berlin Wilmerdorf mit Wirkung vom 1. April 1938.“

1951: Entlassung aus dem Postdienst in den Ruhestand

Ein so schön handgeschriebenes Entlassungsschreiben hat Paul noch 1950 erhalten. Die wesentliche Aussage hier übersetzt:

„Am 6. Januar 1951 vollenden Sie das 65. Lebensjahr. Nach § 5 der Vereinbarung über die Versetzung der Arbeitnehmer der Gebietskörperschaft Groß-Berlin in den Ruhestand und ihre Versorgung vom 24.1.1949 werden Sie daher mit Ende des Monats Januar 1951 in den Ruhestand versetzt. Während Ihrer langen Dienstzeit haben Sie der Verwaltung in den verschiedensten Arbeitsgebieten gute Dienste geleistet. Hierfür sprechen wir Ihnen unsere Anerkennung und unseren Dank aus. Mögen Ihnen bei bester Gesundheit noch viele Jahre eines freundlichen Lebensabends beschieden sein.“

Am 8. September 1965 ist Paul Pape verstorben

14 Jahre lang konnte er seinen Ruhestand genießen. Das ist eigentlich die Zeit, die ich ihn erleben durfte. Leider habe ich nicht mehr viel Erinnerungen an diese Zeit. Dokumente aus der Zeit habe ich auch noch nicht gefunden. Aber vielleicht entdecke oder erinnere ich demnächst ja noch Einiges zu meinem Opa. Schön wärs schon.

Paul hat zuletzt in der Blissestraße 72 gewohnt. (Blissestraße ist die ehemalige Augustastraße). Damit hatte Paul seit seinem Auszug zu Hause mindestens 6 bekannte Wohn-Adressen:
– Pfalzburger Str. 33
– Sigmaringer Str. 30
– Augustastr. 15
– Wilhelmsaue 133
– Augustastr. 33
– Blissestr. 72.
Paul ist also fast so oft umgezogen, wie sein Vater Anton Pape, nur immer in Berlin Wilmersdorf. Auch hier wäre es interesssant zu erfahren, was die jeweiligen Gründe für die häufigen Umzüge waren.