Es ist ein sehr warmer Sommer 2022. Ich bin mit dem Rad im Eichsfeld unterwegs. Ordentliche Steigungen zwischen den Orten verlieren ihren Schrecken durch meinen kleinen Elektromotor am Liegerad. Ich muss trotzdem noch sehr kräftig treten. In fast jedem Ort werde ich für die Mühen entschädigt. Die Dörfer sind schön anzusehen. Und sie sind extrem sauber: Kein Grafitti, kein rumliegender Müll, keine Pflanzen in den Pflasterfugen, kein Sand am Rinnstein.
Alle Häuser wirken, wie gestern erst neu gestrichen. Üppige Gartenanlagen um die Häuser sind extrem gepflegt. Wenn dort Gras wächst – was auch spätestens bei 5 cm Grashalmlänge geschnitten wird – dann traut sich auch kein Gänseblümchen dazwischen: Es würde ziemlich sicher von den Bewohnern entwurzelt. Und vermutlich werden die Bewohner auch ihre Schuhe schon im Garten ausziehen, damit kein Stäubchen in die wahrscheinlich ebenso gepflegten Häuser gelangt.
Irgendwie erinnert mich diese extrem gepflegte Umgebung an die deutschsprachige Schweiz. (In der französichen Schweiz sieht es ganz anders aus.) Das Eichsfeld als deutsche Schweiz? Das trifft es ganz gut.
So viel Pflege von Haus und Grund macht viel Arbeit. Das kostet Lebenszeit, die man für andere Dinge nicht mehr verwenden kann. Für die Eichsfelder ist Haus und Grund offenbar sehr wichtig. Da scheint viel menschliche Energie hinzufließen, und Geld kostet das ja auch. Und wer noch in Erinnerung hat, wie diese Dörfer vor 1989 aussahen, ahnt wie groß die Aufwände der Menschen wohl waren.
Noch eines fällt auf: Mindestens einen richtig alten großen Baum findet man in jedem Dorf. Der überragt alle umliegenden Häuser mit seiner dichten grünen Krone. Diese Baum-Veteranen prägen jede Dorf-Silhouette.
Für Besucher wirken die gepflegten Orte jedenfalls attraktiv. Hier die Kurz-Vorstellungen von einigen Dörfern im mittleren Eichsfeld. Zu jedem Ort gibt es mehr Bilder als hier dargestellt: Mit Klick auf ein Bild kommst Du zur Bildergalerie des jeweiligen Ortes.
Rengelrode
Rengelrode ist ein Stadtteil von Heilbad Heiligenstadt, etwa 3 km von der Stadt entfernt. Am Ortsrand liegt die „Rengelröder Warte“, ein Schutz-Turm der Stadt Heiligenstadt aus dem 15. Jahrhundert. Fast nur renovierte Häuser, darunter noch viele schön anzusehende Fachwerkhäuser. Auch hier: Große alte Bäume, die die Häuser überragen, prägen den Ort. Rengelrode in Wikipedia.
Steinbach
Steinbach ist in Dorf mit rund 520 Einwohnern in der Verwaltungsgemeinschaft Leinetal. Ein langgestreckter Ort auf zwei Ebenen. Am Ende des Dorfes muss mal ein Schwimmbad gewesen sein, immer noch voll Wasser, aber nicht mehr sehr einladend. Dafür ist der Dorfteich in der Mitte schön gestaltet. Steinbach in Wikipedia
Lenterode
Lenterode ist ein kleines Dorf mit 316 Einwohnern. Irgendwie wirkt es größer. Und sehr gepflegt, mit schönen Fachwerk-Häusern. Wie in anderen Eichsfeld-Dörfern, stehen hier einige richtig große alte Bäume, die die Häuser überragen. Wikipedia-Artikel zu Lenterode.
Reinholterode
Reinholterode ist nur 6 km von Heilbad Heiligenstadt entfernt. Ein Dorf mit etwa 760 Einwohnern. Eine barocke Kirche mit gemütlichem Teppichboden auf einem Hügel mitten im Dorf. Und mit schön hergerichteten Fachwerkhäusern. Reinholterode in Wikipedia.
Westhausen
Westhausen gehört auch zur Verwaltungsgemeinschaft Leinetal mit seinen rund 720 Einwohnern. Der Ort wird durch die Eisenbahn getrennt. Mehrere viadukt-ähnliche Bahndamm-Unterführungen verbinden die beiden Ortsteile. Die Kirche im Ortszentrum ist von grünem Rasen und hohen Bäumen umgeben. Ein schöner Ruhepol. Und Müllers Eis war schon zu DDR-Zeiten sehr begehrt (siehe weitere Bilder). Westhausen in Wikipedia.
Bodenrode
Bodenrode ist ein Ortsteil der Gemeinde Bodenrode-Westhausen mit etwa 500 Einwohnern. Die Verwaltungsgemeinschaft Leinetal für Bodenrode und umliegende Orte hat hier ihren Sitz. Bodenrode ist auch der einzige Ort, der noch einen Landbäcker hat. Bei dem kann man auch ein paar zusätzliche Lebensmittel für den täglichen Bedarf kaufen. Die Kirche im Ort ist eine Radfahrer-Kirche, weil der Leineradweg durch Bodenrode führt. Die Leine ist allerdings nur noch ein kleiner Bach. Früher hat die Leine mal zwei Mühlen in Bodenrode angetrieben. Bodenrode in Wikipedia.
Wingerode
Wingerode ist der östliche Nachbarort von Bodenrode, und auch in der Verwaltungsgemeinschaft Leinetal. Rund 1170 Einwohner wohnen in dem auch schon zu DDR-Zeiten immer gepflegten Dorf. Heute scheint mir Wingerode zu den ganz besonders akkurat gepflegten Orten im Eichsfeld zu gehören. Fast alle Häuser wirken, wie erst gestern renoviert. Auf Rasenflächen wagt sich wohl kein Gänseblümchen hervor, es würde ohnehin nicht überleben.
Zum edlen Ambiente passt das Hotel „Kepplers Ecke“, dass auch eine Empfehlung wert ist. Die innen eher schlichte große Kirche passt irgendwie zu dem Ort. Wingerode in Wikipedia.
Beuren
Beuren ist ein Stadtteil von Leinefelde-Worbis. Von 1238 bis 1294 war Beuren selbst eine Stadt. Etwa 1200 Menschen leben heute in Beuren. Weiteres hier im Wikipedia-Artikel.
Beuren macht einen gepflegten Eindruck. Viele alte Fachwerk-Häuser sind schon hergerichtet. Die Straßen sind fast autofrei. Ein richtiges Sonntags-Spaziergangs-Ziel ist Beuren.
Wüstheuterode
Wüstheuterode hat 570 Einwohner. Auf der Anhöhe vor dem Ortseingang befindet sich ein alter Wehrturm der Stadt Heiligenstadt. Die große alte Kirche ist innen erstaunlich schlicht und modern gestaltet. Schön renovierte Fachwerkhäuser machen den Ort attraktiv. Wikipedia zu Wüstheuterode.
Mackenrode
Mackenrode liegt ganz dicht an der Grenze zu Hessen, die zu DDR-Zeiten ja innerdeutsche Grenze war. Nur 310 Menschen wohnen n Mackenrode. Wirklich imposant ist die mit zwei seitlichen Giebeln gestaltete barocke Kirche mitten im Ort. Der Ort liegt an einem steilen Berg und hat einige schöne Häuser zu bieten. Wikipedia zu Mackenrode.
Fazit
Schon die kleinen Orte im Eichsfeld sind einen Besuch wert. Die Orte liegen oft malerisch in der Mittelgebirgs-Umgebung. Die weichen (aber für Radfahrer trotzdem steilen) Berglandschaften sind schön anzusehen. Zu den Orten führen kleine aber gut ausgebaute Nebenstraßen mit wenig Verkehr. Ein Paradies für kräftige Radfahrer!
Natürlich darf man die Stadt Heiligenstadt nicht auslassen, die ebenfalls sehr sehenswert ist. Heiligenstadt nennt sich seit einigen Jahren „Heilbad Heiligenstadt“, was irgendwie den Eindruck eines großen Kranken-Areals vermittelt. Aber als Besucher merkt man davon nichts.
Danke für den eindrucksvollen Bericht und die Bilder – macht Lust, selbst mal dort Zeit zu verbringen. Echt eine schöne Gegend.