Soviel Sonne – warum nicht Strom draus machen?

Eigentlich sollte es eine größere Solaranlage werden. Da das hier nicht geht, wird jetzt eine Balkon-Solaranlage daraus. Dafür gibt es keine Einspeisevergütung. Der Eigenverbrauch steht im Vordergund. Dafür sind andere Überlegungen zu Ausrichtung und Anbringung nötig. Meine Erkenntnis: Für den Winter optimieren, nicht für den Sommer!

Seit 8 Monaten läuft eine Wärmepumpe statt der Gastherme in unserem alten Haus von 1706. Da wäre es ideal, wenn wir einen Teil des “Wärmestroms” hier selbst erzeugen könnten. Das alte Dach in dem Stadthaus in der Erlanger Altstadt verträgt aber nicht noch mehr Gewicht. Rechts und links schließen sich Nachbarhäuser an. Über ein unbebautes Grundstück können wir auch nicht verfügen. Damit ist der Traum vom eigenen Wärmestrom zu Ende!

Wenn es für den Wärmestrom nicht reicht, vielleicht lässt sich ja ein Teil des Haushaltsstroms ersetzen. In der Wohnung verbrauchen wir im Jahr etwa 2500 kWh, was rund 1000 € Stromkosten im Jahr verursacht. Das Kostenargument war aber gar nicht ursächlich. Es ging etwa gleichwertig um den Umweltaspekt (viele Klein-Kraftwerke unterstützen auch die Energiewende) und um die Notversorgung im Krisenfall. Behörden empfehlen Taschenlampen und Batterien für den Fall des Stromausfalls bereitzuhalten. Und so unwahrscheinlich ist der Blackout gar nicht mehr. Wir sind inzwischen auch ganz schön abhängig geworden von elektrischer Energie. Das Handy will täglich aufgeladen werden, der Internet-Router arbeitet ohne Strom nicht, nachts ohne Licht geht gar nichts, usw. Da der Notfall nicht nur tagsüber zu erwarten ist, braucht es also auch einen Strom-Speicher.

Wenig Platz für Solarmodule

Solarmodule brauchen Platz an Stellen, die von der Sonne möglichst gut erreicht werden, Das ist gar nicht so einfach an unserem Stadthaus. An der Straßen-Fassade geht gar nichts, das alte Haus steht im Altstadt-Ensembleschutz. Aufs Dach geht auch nicht, siehe oben. Bleibt nur noch die Rückseite des Hauses. Der früher bestehende Hof wurde in den 1960er Jahren mit einer 60 m² Halle für Druckmaschinen bebaut. Seitdem besteht im ersten Stock eine ebenso große Dachterasse. Die ist eingerahmt von den damals üblichen Laubengängen, unser im Süden und der vom Nachbarn im Norden. Nach hinten, in Richtung Westen, öffnet sich ein größeres Hofareal zu den angrenzenden Grundstücken. Der Blick dahin soll frei bleiben, sonst fühlt man sich auf der Terasse wie in einem Schuhkarton.

An unseren eigenen Wänden gibt es keinen vernünftigen Platz für Solarmodule. Die Wand unseres Laubengangs zeigt nach Norden. Dort kommt nie ein Sonnenstrahl hin. Die Haus-Rückwand ist voll mit Fenstern. Aber die Wand des Nachbarn zeigt nach Süden. Die ist auch hoch genug, um Verschattungen weitgehend zu vermeiden. Dafür brauche ich die Zustimmung des Nachbarn. Die hat er mir netterweise gegeben. Auf knapp 10 m Wandbreite lassen sich 4 etwa 2 m lange Solarmodule mit etwa 1,15 m Breite anbringen. Das entspricht vier 500 Wp Solarmodulen. 2000 Wp (p wie Peak) könnten wir also installieren.

Des Nachbarn Wand, die uns für Solarmodule zur Vefügung steht. Die Satellitenschüssel soll versetzt werden, wegen dem Schattenwurf am Abend.

2000 Wp ist die Obergrenze für Balkon-Solar-Anlagen

Bis zu einigen Höchstgrenzen dürfen kleine Solaranlagen (genannt Balkon-Solar-Anlagen) von jedermann ohne vorherige Genehmigung installiert werden:

  • Höchstens 800 W dürfen vom Wechselrichter über eine normale Steckdose in das Wohnungsnetz eingespeist werden
  • Höchstens 2000 Wp dürfen die SolarModule liefern.

Der Aufstellort ist egal, es muss nicht der Balkon sein. Da wären auch Garage, Garten oder Hausdach denkbar. Alles kann mit den Solarmodulen bestückt werden, wenn diese Grenzen eingehalten werden.

2000 Wp bezeichnet die maximale elektrische Leistung bei idealer Sonnenstrahlung und perfekter Ausrichtung auf die Sonne. Dafür braucht man heute 4 Solarmodule. So ein 500 W-Modul braucht heute eine Fläche von 2,1 bis 2,5 m², für 2000 W braucht es also rund 10 m². Diese Fläche wird kaum auf einem Balkon unterzubringen sein.

2000 Wp – das klingt nach ganz schön viel Strom. Aber bei allen festmontierten Solarmodulen ist dieser Höchstwert nur ganz kurz am Tag erreichbar – in dem Moment, wenn die Sonne gerade rechtwinklig auf die Module scheint. Davor und danach, oder bei wolkigem Himmel, sinkt die Leistung ab. Als Daumenregel kann man bei optimal ausgerichteten Solarmodulen einen Jahresertrag in Kilo-Wattstunden erreichen, der dem Watt-Peak-Wert entspricht. Optimal ausgerichtete Module mit 2000 Wp bringen in unseren Breiten etwa 2000 kWh pro Jahr.

Da wären ja unsere jährlich verbrauchten 2500 kWh schon fast ersetzt – könnte man denken.

Leider stimmt das überhaupt nicht. Zwei Gründe verhindern das:

  • Nur 800 W darf der Wechselrichter einspeisen. Der Elektroherd braucht beim Kochen 2000 oder 4000 W. Auch Waschmaschine oder Geschirrspüler brauchen zeitweilig viel mehr als 800 W. Jede Leistung über 800 W muss vom Energieversorger zugekauft werden.
  • Die Sonne wirkt nicht permanent gleich stark auf die Module, wenn man sie nicht der Sonne nachführt (was sehr aufwändig wäre).
  • Bei Bewölkung erreicht kein direkter Sonnenstrahl die Solarmodule. Das diffuse Licht erzeugt viel weniger Strom.
  • Also zu vielen Zeiten – besonders im Winter – erzeugen die Solarzellen sehr wenig elektrische Leistung, oder überhaupt keine.

Ein wenig Ausgleich durch einen Speicher

Die meisten Balkon-Solar-Anlagen liefern wirklich nur Strom, wenn die Solar-Module arbeiten, tagsüber und nicht nachts. Wenn die Leistung am höchsten ist – bei nach Süden ausgerichteten Modulen mittags – wird meist mehr Strom erzeugt, als im Haushalt verbraucht werden kann. Der nicht selbstverbrauchte Strom fließt ins Sromnetz – bei Balkon-Solaranlagen ohne Vergütung. Dafür brauchen Balkon-Solaranlagen auch keine Anträge und Genehmigungen.

Wenn man diesen “überflüssigen” Strom zwischenspeichert, dann kann man ihn später selber nutzen. Solche Stromspeicher sind inzwischen preislich günstig geworden, Dank den Fortschritten bei der Batterie-Produktion für E-Autos.

Bedingung war ja die maximale Stromeinspeisung ins Hausnetz mit 800 Watt. Ob der Strom nun direkt aus den Solarmodulen kommt, oder aus dem geladenen Akku, das ist egal. Wenn es also gelingt, den nicht selbstverbrauchten Strom erst mal zum Laden des Akkus zu verwenden, dann kann man den zu jeder beliebigen Zeit nutzen, bis der Akku leer ist. Auch hier gilt: Der Stromspeicher darf immer nur 800 Watt ins Hausnetz einspeisen. Alle höheren Verbräuche beziehen den zusätzlich benötigten Strom ganz automatisch vom Stromlieferanten. Mit Speicher wird der Eigenverbrauch des Solarstroms ganz sicher größer, aber ohne zusätzlichen Netzstrom wird es nicht gehen. Zumal im Winter kaum damit zu rechnen ist, dass der Akku immer voll geladen zur Verfügung steht. Wenn an bewölkten Tagen überhaupt Solarstrom zur Verfügung steht, dann vermutlich nur sehr wenig.

Auch wird unser Haushaltstrom-Verbrauch im Winter deutlich höher sein, als im Sommer: Im Winter ist man öfter zu Hause, im Winter brennt das Licht viel länger, manchmal schon am Tag.

Wie ich von anderen Balkon-Solar-Nutzern hörte, können sie im Sommer ihren erzeugten Strom nie ganz nutzen, und im Winter bekommen sie immer weniger als sie nutzen könnten. Also müsste man die Solaranlage für den Winter optimieren, und nicht für das ganze Jahr! Im Winter steht die Sonne tiefer, was den Anstellwinkel der Solarmodule beeinflusst.

Anbringung und Ausrichtung der Solarmodule

Für mich kommt ja nur die eine Wand in Frage. 4 Module passen da gerade drauf. Senkrecht an der Wand montiert sieht das sicher besser aus, als mit von unten sichtbaren Winkel-Halterungen. Was macht das nun für einen Unterschied zwischen optimaler Neigung (bei uns hier 31 Grad) und senkrechter Wandmontage?

Dafür hat die EU ein einfach zu bedienendes Tool ins Netz gestellt. Man tippt auf der Karte nur auf seinen genauen Standort, stellt noch die Neigung der Module ein, und gibt den Azimut in Grad an (bei mir sind das 50, findet man in Google Maps als erste Zahl, wenn man mit rechter Maustaste auf den blauen Punkt klickt). Ein paar Angaben zu PV-Leistung und Systemverlust (geschätzt 10%), und wer mag kann auch noch die Anschaffungskosten und die erwartete Lebensduer eingeben, dann erhält man eine schnelle Auswertung wie diese hier:

2000 Wp Module an der Südwand schräg ausgerichtet mit 31 Grad aus EU-Tool

Die gleichen 2000 Wp Module an der Südwand aber senkrecht (90 Grad) montiert:

2000 Wp Module an der Südwand senkrecht ausgerichtet mit 90 Grad aus EU-Tool

Bei der 31 Grad Neigung ergeben sich deutlich höhere Erträge in den Sommermonaten. Das führt zu einer errechneten Jahresleistung von 2073 kWh (100%) gegenüber nur 1426 kWh (68%) bei senkrechter Anbringung. Wenn man die Wintermonate betrachtet, dann sind die Unterschiede eigentlich unwesentlich:

  • Im Januar 60 kWh (31 Grad) zu 60 kWh (90 Grad)
  • Im Februar 100 kWh zu 80 kWh
  • Im März 170 kWh zu 130 kWh
  • Im Oktober 130 kWh zu 120 kWh
  • Im November 70 kWh zu 70 kWh
  • Im Dezember 50 kWh  zu 50 kWh

Wenn es stimmt, dass in den Sommermonaten auch mit Speicher mehr produziert wird, als man selber verbrauchen kann, dann spricht das für die einfachere und optisch ansprechendere Variante der senkrechten Wandmontage. Im Sommer scheint ja nicht nur die Sonne öfter, auch die Tage sind erheblich länger als im Winter. In unseren Breiten sind die Tage zur Sommersonnenwende gut 16 Stunden lang, und zur Wintersonnenwende am 21. Dezember dauert ein Tag nur etwa 8 Stunden. Mehr Licht und längere Tage im Sommer erlauben auch eine ungünstigere Sommer-Positionierung der Module, die für den Winter optimiert sind.

Überhaupt scheint mir unter diesem Gesichtspunkt die Fassadenfläche für Photovoltaik ein bisher übersehenes Potential zu haben: Die im Winter tiefer stehende Sonne wird von senkrechten Fassadenmodulen ganz gut aufgenommen. Und auch kein Schnee mindert den Ertrag.

Alle berechneten Werte gehen immer von unverschatteten Modulen aus! Oft kommt man aber an vorübergehendem Schattenwurf auf die Module nicht vorbei. Also, bei der Planung auch auf die Schatten von Bäumen, und Häusern zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten achten!

Balkon-Kraftwerke speisen an einer Steckdose ein

Hausstromnetze in Deutschland sind in der Regel dreiphasig aufgebaut. Das bedeutet, es gibt drei Phasen (L1, L2, L3) und einen Neutralleiter (N) sowie die Erdung (PE). Die meisten Haushaltsgeräte sind an eine einzelne Phase und den Neutralleiter angeschlossen.

Ein Balkonkraftwerk speist den Strom in der Regel einphasig ein, also nur auf einer der drei Phasen. Man könnte nun denken, dass nur die Verbraucher auf dieser einen Phase vom selbst erzeugten Strom profitieren. Das ist aber nicht der Fall, dank des sogenannten saldierenden Stromzählers. Moderne Stromzähler, die in deutschen Haushalten üblich sind, sind saldierende Zähler. Das bedeutet, sie messen den Stromfluss über alle drei Phasen hinweg und verrechnen ihn miteinander.

Wie funktioniert das in der Praxis?

Stell dir vor, dein Balkonkraftwerk speist 400 Watt auf Phase L1 ein. Gleichzeitig verbrauchst du 200 Watt auf Phase L2 (z.B. Kühlschrank) und 100 Watt auf Phase L3 (z.B. Fernseher).

Der saldierende Zähler sieht folgendes:

  •     Einspeisung auf L1: +400 Watt
  •     Verbrauch auf L2: -200 Watt
  •     Verbrauch auf L3: -100 Watt

Der Zähler „saldiert“ (gleicht aus) diese Werte: 400−200−100 = 100 Watt.

Das Ergebnis ist, dass immer noch 100 Watt Überschuss ins öffentliche Netz eingespeist werden. Es ist also unerheblich, auf welcher Phase der Strom erzeugt wird und auf welcher er verbraucht wird, solange der Zähler saldierend ist. Der selbst erzeugte Strom wird also quasi immer zuerst im eigenen Haus verbraucht, unabhängig von der Phase. (Tatsächlich geht der auf L1 eingespeiste Strom ins Netz, und die Verbraucher auf L2 und L3 beziehen Netzstrom – jweils mit um 120 Grad verschobener Phasenlage. Nur der Zähler registriert das dann nicht als kostenpflichtigen Bezug.)

Stromspeicher für Balkonkraftwerke

Gerade furs Balkonkraftwerk werden Speicher angeboten die schon alles für den Betrieb notwendige beinhalten: die Solarmodulanschlüsse, den Wechselrichter, den Stecker zum Verbinden mit dem Stromnetz und weitere Funktionen für die Betriebsoptimierung des “Balkonkraftwerkes”. Zum Beispiel auch für die Verbindung mit einem Smart-Meter im Zählerschrank, der dem Speicher anzeigt, wann Strom verbraucht wird, damit der Speicher weiß wann er den Strom für den internen Verbrauch bereitstellen soll. Oft haben diese Speicher auch eine oder zwei “Notstrom-Steckdosen”.

Sicherheit

Für die Akkus dieser Speicher werden heute hauptächlich LiFePo4-Zellen verwendet. Die haben ein sehr viel geringeres Brandrisiko als andere Lithium-Zellen, weil sie nicht thermisch durchgehen können. Mehr dazu findest du hier. Sie können in der Wohnung oder auch im Freien aufgestellt werden. Da LiFePo4-Akkus keine starken Minustemperaturen vertragen, haben einige dieser Speicher eine kleine Heizung eingebaut, die bei Minustemperaturen automatisch einsetzt.

Nicht nur beim Speicher, auch beim Wechselrichter darf bei gezogener Netzsteckdose keine Spannung an den blanken Steckern anstehen. Diese ungeschützten 230 Volt wären lebensgefährlich. Deshalb speisen diese Geräte nur Strom ein, wenn sie die 230 Volt Netzspannung vom Hausnetz erkennen. Sobald der Hausstrom ausfällt, schalten sich diese Geräte unverzüglich ab. Deshalb können die auch nicht als Ersatzstromquelle für den allgemeinen Hausstrom genutzt werden.

Anschlüsse, Funktionen

Ich habe mich für einen Speicher von EcoFlow entschieden. Der “EcoFlow Stream Ultra” hat vier Modul-Anschlüsse, die er einzeln auswertet. Wenn also ein Modul verschattet ist, dann hat das keinen Einfluss auf die anderen drei.

Außerdem kann der Stream Ultra mit einem Smartmeter im Zählerschrank in kurzer Zeit direkt kommunizieren (andere nutzen dafür eine Cloud-Verbindung mit deutlichen Verzögerungen, bis zu 30 Sekunden sind erlaubt!), um das Stromangebot aus Akku oder Solarpanels schnell auf die 800 W hochzufahren, wenn irgendwo in der Wohnung Strom verbraucht wird. Das muss in wenigen Sekunden erfolgen, weil z.B. ein Wasserkocher oft keine 30 Sekunden läuft, bis er fertig ist.

Ein besonderer Vorteil ist die Erweiterbarkeit dieses EcoFlow Speichers. Mehrere davon lassen sich zusammenschalten um die Kapazität zu erhöhen. Dabei müssen die nicht zusammenstehen. Irgendwo in der Wohnung kann der zweite stehen. Die kommunizieren miteinander, und schieben sich den Strom über die Netzsteckdose zu.

Notstrom

Die Stream-Speicher haben sogenannte „Notstrom-Steckdosen“. Dort lassen sich Geräte anschließen, die mit dem Akkustrom versorgt werden – ganz unabhägig vom Hausnetz. Das Gerät läuft dann ausschließlich mit dem Speicherstrom und darf bei nur einem Speicher bis zu 1200 W ziehen, bei zwei Speichern nebeneinander bis zu 2300W. Nur diese Notstrom-Steckdosen am Speicher helfen also auch beim Stromausfall – bis der Akku leer ist.

Bisher ist das nur Planung

Jetzt muss noch alles beschafft und montiert werden. Ich bin sehr gespannt auf die Erfahrungen mit dem ersten selbstproduzierten Solarstrom. Ich werde berichten.

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