Wärmepumpe statt Gasheizung in unserem Haus von 1706

Kann man in einem historischen Altstadthaus eine Wärmepumpe statt einer Gasheizung nutzen? Diese Frage trieb uns ein Jahr lang um. Wir haben uns für die CO²-freie Wärmepumpe entschieden. Der Bericht nach dem ersten Betreibsmonat:

Unser Haus ist wirklich alt. 1706 wurde es nach dem Erlanger Stadtbrand als Fachwerkhaus wieder aufgebaut. Es ist ein Stadthaus mit direkt agrenzenden Nachbarhäusern. Im Erdgeschoß unterrichten Musiklehrerinnen und Musiklehrer. Im ersten und zweiten Obergeschoß wohnen wir. Eine richtige Isolierung ist nur im Dachgeschoß bei der obersten Geschoßdecke erfolgt. Aber alle Fenster wurden inzwischen erneuert. Insgesamt sind 350 m² zu beheizen. Die 24 kW Gastherme hat dafür, einschließlich ganzjähriger Warmwasserbereitung, knapp 20.000 kWh Gas pro Jahr verbraucht.

Standort des Außengerätes der Wärmepumpe auf der Terasse in 1. OG

Enkeltauglich werden: CO²-frei heizen

Das war unser Ziel. Unser Stadthaus hat aber keine freien Außenflächen. Auf den Bürgersteig darf man keine Wärmepumpe stellen. Und allgemein wurde uns gesagt, so ein altes Haus müsse man erst gut dämmen, die Heizkörper austauschen und am besten eine Fußbodenheizung einbauen, sonst schafft das eine Wärmepumpe nicht. Andererseits gab es immer wieder Berichte von Menschen, die eine Wärmepumpe in ihrem Altbau ohne Umbauten nutzen konnten. Wärmepumpen können wirtschafltich wohl nur Vorlauftemperaturen von maximal 55 Grad erzeugen, Gasheizungen schaffen auch mal 70 Grad.

Vorlauftemperatur-Test mit der Gastherme

Die maximale Vorlauftemperatur ließ sich an unserer Gastherme einstellen. Wir haben die im letzten Winter einfach mal auf 55 Grad eingestellt. Und siehe da: Es war nicht kälter als sonst. Wenn also eine Wärmepumpe die gleiche Wärmeleistung bei 55 Grad abgeben kann, dann müsste das doch auch bei uns funktionieren. Bleibt nur noch die Standort-Frage.

Nach langen Internet-Recherchen fiel uns erst sehr spät eine Erlanger Wärmepumpen-Firma auf, die ihre Wärmepumpen nur in Altbauten einbaut. Informative Youtube-Videos klärten viele unserer Fragen. Und ein Infomationsabend ermöglichte Wärmepumpen verschiedener Größen im Betrieb zu erleben. Die Firma Höcker Wärmepumpen schlug dann vor, die Wärmepumpe auf dem Flachdach des hinteren Anbaus aufzustellen, das wir als Terasse nutzen. Aber was werden die Nachbarn in dem Hofareal hören? Wird die Wärmepumpe laut sein?

Außengerät der Wärmepumpe mit Schallschutzwand verkleidet

Sicherheitshalber haben wir eine Schallschutzwand neben und hinter der Wärmepumpe bestellt. Und natürlich eine 25 KW Wärmepumpe von Mitsubishi Heavy Industries, speziell schallgedämmt durch die Fa. Höcker.

Die Gasheizung ist seit 1 Monat demontiert

Die Wärmepumpe hat den Heizbetrieb bisher problemlos übernommen. Noch ist es ja nicht so richtig kalt. Erst am Ende des Winters können wir über mögliche Unterschiede zur bisherigen Heizung berichten.

Eines ist schon aufgefallen: Die Gasheizung hatten wir nachts fast abgeschaltet. Das funktioniert bei der Wärmepumpe nicht gut: Die braucht morgens zu lange, um die Räume wieder auf angenehme Temperaturen zu bringen. Also machen wir jetzt nur eine kleine Nachtabsenkung von wenigen Grad bei der Vorlauftemperatur. An den optimalen Wert tasten wir uns noch heran. Gefühlt erscheinen die Räume etwas wärmer – bei gleicher Heizkörper-Thermostat-Einstellung.

Energieverbrauch / Arbeitszahl

Noch lässt sich auch über den Energieverbrauch im Vergleich zur Gasheizung nicht urteilen. Dafür braucht es mindestens die ganze Heizperiode, wegen des Warmwassers eigentlich das ganze Jahr. Seit der Inbetriebnahme schwankt der Wärmepumpen-Stromverbrauch je 24 Stunden zwischen 20 und 50 kWh. Das Steuerungs-Display gibt auch die Arbeitszahl für jeden Tag an. Die liegt bei den derzeitigen niedrigen einstelligen Temperaturen um die 4,0. Das bedeutet, dass 1 KWh Strom 4 kWh Wärme erzeugt. Ganz grob überschlagen, dürften die Stromkosten in etwa in der Höhe der bisherigen Gaskosten liegen.

Die Arbeitszahl wird sicher kleiner werden bei Minusgraden.

Das wird sie auch bei hoher Luftfeuchtigkeit und einstelligen Temperaturen. Weil die Wärmepumpe ja der Luft die Wärme entzieht, sie also abkühlt, kann die Luft ihren hohen Wasserdampfanteil nicht halten. Das Wasser kondensiert an den Durchström-Lamellen und friert bei niedrigen Temperaturen dort an. In der letzten Woche gab es einige solcher Tage. Damit wird der Luftwiderstand immer größer. Nach einer Weile merkt die Wärmepumpe das, und kehrt ihren Kältemittel-Kreislauf um. Dann läuft das (bis zu 140 Grad) heiße Gas durch den Luft-Wärmetauscher und das Eis taut dampfend ab. 13 Abtauvorgänge in 24 Stunden war bisher der Höchstand an einem Tag mit 90% relativer Luftfeuchtigkeit.

Die feinen Lamellen entziehen der Luft beim Durchströmen Wärme. Dabei entsteht Kondenswasser, dass bei hoher Luftfeuchtigkeit anfriert.

800 Liter Heizwasserspeicher

Unsere Wärmepumpe heizt den Speicher derzeit auf 50 Grad auf (einstellbar). Dieses Wasser wird dann zur Versorgung der Heizkörper genutzt. Der Speicher hat zwei Begründungen:

  • Die Wärmepumpe soll möglichst in langen Intervallen laufen. Grund: Sie braucht nach dem Einschalten sofort den vollen Strom, bringt aber erst nach ein bis zwei Minuten das Kältemittel auf verwertbare Heizgastemperaturen. Lange Einschaltzeiten sind also empfehlenswert. Hier: Aufheizen der 800 Liter bis 50 Grad, dann schaltet sich die WP ab, und erst wieder ein, wenn 45 Grad unterschritten werden.
  • Wer einen günstigen Wärmepumpentarif haben will, der muss dem E-Werk ein (seltenes) zeitweises Abschalten erlauben. Auch dafür braucht man einen Pufferspeicher.

Warmwasser im Durchlauferhitzer-Verfahren

Wenn schon 800 Liter warmes Wasser vorhanden ist, dann braucht es nur ein gewendeltes Rohr darin, durch das Trinkwasser in die Warmwasserleitungen fließen kann. Wenn das Rohr nur lang genug ist, dann erhitzt sich das Wasser fast auf die Temperatur des Heizungswassers. Jetzt stehen nur wenige Liter in dem Warmwasser-Wendelrohr, die beim nächsten Hahn aufdrehen ausgetauscht werden. Legionellen können sich da nicht mehr bilden, auch wenn das Heizungswasser im Sommer auf 40 Grad gedrosselt wird.

Noch sind wir nicht sicher, ob es klug war, das Warmwasser so zu erzeugen. Im Sommer müssen dafür ja auch immer 800 Liter erwärmt werden. Wenn aber die Arbeitszahl im Sommer sehr viel höher ist, dann dürfte das kaum noch ins Gewicht fallen.

Erstes Fazit

Nach jetzt 1 Monat Wärmepumpen-Betrieb – und heizen war in diesem November wirklich nötig – erleben wir keine Einschränkungen. Die Wärmepumpe heizt das ganze Haus zuverlässig. Auch ist das Lüftergeräusch des Außengerätes gering. Im Haus ist es gar nicht zu hören, auf der Terasse ein wenig. Der Lüfter ist jedenfalls nicht lauter als das Dauerrauschen der 300 m entfernten und durch Häuser abgeschirmten Autobahn.

Der Start war schon mal gut. Wenn das auch noch an den richtig kalten Tagen so gut funktioniert sind wir zufrieden. Wir werden wieder berichten.

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